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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 08.11.2000
Aktenzeichen: 1 U 1760/98
Rechtsgebiete: BGB, BRAGO, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 414
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 611
BGB § 612 Abs. 1
BGB § 612 Abs. 2
BGB § 675
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 15
BGB § 198 Satz 1
BGB § 201 Satz 1
BGB § 781
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
BRAGO § 26 Abs. 1
BRAGO § 27 Abs. 1
BRAGO § 16
BRAGO § 13
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 118 Abs. 2
BRAGO § 20 Abs. 1 S. 1
BRAGO § 7 Abs. 2
ArbGG § 12 a Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Leitsatz:

Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, für 68 Arbeitnehmer Kündigungsschutzklagen bei im wesentlichen übereinstimmenden Lebenssachverhalten zu erheben, dann hat er grundsätzlich zur Vermeidung von Ersatzansprüchen aus Ersparnisgründen von Einzelklagen abzusehen und den im Arbeitsgerichtsprozess in vergleichbaren Fällen durchaus üblichen Weg einer Gemeinschaftsklage zu wählen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 1 U 1760/98 1 O 520/96 LG Koblenz

verkündet am 8. November 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

wegen Honorarforderung.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaessner, den Richter am Oberlandesgericht Stein und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Giese

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 17. September 1998 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Honorar für anwaltliche Beratung und Vertretung in (beim Arbeitsgericht Koblenz, 1994 anhängig gewesenen) Kündigungsschutzverfahren einer Reihe von Arbeitnehmern einer in Konkurs geratenen Fa. St GmbH.

Der Kläger nimmt die Erstbeklagte, welche ehemalige Mitarbeiter der Fa. St mit Gesellschaftsvertrag vom 21. September 1993 als Auffanggesellschaft gegründet hatten, in Anspruch, weil sie sich 1996 schriftlich bereit erklärt hatte, die entstandenen Anwaltsgebühren für 36 Arbeitnehmer zu übernehmen. Von dem Zweitbeklagten begehrt der Kläger Honorar für dessen persönliche Beratung im Rahmen der Gründung der Auffanggesellschaft. Die Beklagten haben die Verjährungseinrede erhoben und im Übrigen gerügt, dass der Kläger pflichtwidrig die kostenschonende Möglichkeit einer Sammelklage zum Arbeitsgericht unterlassen und daher zu Unrecht nach den Gebühren der einzelnen Kündigungsschutzklagen abgerechnet habe.

Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage in Höhe von 14.966,58 DM (von verlangten 32.994,34 DM) stattgegeben und sie im Übrigen, wie auch das gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Zahlungsbegehren von 9.834,75 DM abgewiesen. Es hat die gegen 12 Arbeitnehmer gerichteten Gebührenforderungen (Bl. 15 f. GA) aus dem Gesichtspunkt der Schuldübernahme durch die Beklagte zu 1) für berechtigt erachtet und lediglich hinsichtlich der weitergehenden Gebührenansprüche die Verjährungseinrede gelten lassen, weil 20 Arbeitnehmer bereits einen Tag vor Terminswahrnehmung vor dem Arbeitsgericht (14.9.1993) das Mandat gegenüber dem Kläger durch Vollmachtsentziehung beendet hätten, die Ansprüche daher bis spätestens Ende 1995 hätten geltend gemacht werden müssen. Außerdem stehe dem Kläger für außergerichtliche Tätigkeit gegen die Beklagte zu 1) eine Gebühr zu, allerdings nur in Höhe von 1.713,75 DM (nach einem Sammelstreitwert von 101.653,23 DM - eine Angelegenheit). Schließlich hat das Landgericht einen Anspruch auf Zahlung einer Beratungsgebühr gegen den Beklagten zu 2) ebenfalls als verjährt angesehen.

Gegen dieses Urteil wehren sich beide Parteien jeweils mit der Berufung. Der Kläger verfolgt sein ursprüngliches Zahlungsbegehren weiter; die Beklagte zu 1) erstrebt die volle Klageabweisung. Der Senat hat zur Behauptung des Klägers, der Beklagte zu 2) habe 1994 in einem ausdrücklichen Anerkenntnis (unabhängig von anderen Rechtsgründen) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) erklärt, diese werde alle anwaltlichen Honoraransprüche des Klägers begleichen, soweit sie nicht durch Rechtsschutzversicherungen abgedeckt gewesen seien, durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird, wie auch auf die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen § 543 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufungen sind zulässig. Zum Erfolg führt jedoch nur das Rechtsmittel der Beklagten zu 1).

Das angefochtene Urteil begegnet keinen Bedenken, soweit das Landgericht die Klage an der Verjährungseinrede hat scheitern lassen. Im Übrigen kann es wegen eines weitergehenden Leistungsverweigerungsrechtes (§ 222 Abs. 1 BGB) vor allem deshalb keinen Bestand haben, weil den Gebührenansprüchen aufrechnungsweise geltend gemachte Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung entgegenstehen.

Hieran ändert auch die Aussage der vom Senat vernommenen, vom Kläger benannten Zeugin K nichts. Denn diese hat die Behauptung nicht bestätigen können, dass der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) im Oktober 1994 die Honorarforderungen des Klägers im Wege eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses § 781 BGB) abstrakt anerkannt habe.

1.

a)

Dem Landgericht ist vom Ansatz her darin zu folgen, dass die Beklagte zu 1) gemäß § 414 BGB die Schulden übernommen hat, welche Gegenstand der Honorarforderungen des Klägers sind, die dieser den Arbeitnehmern B, K P Sch, St, P G H V, M O und S in Rechnung gestellt hat (Bl. 15 f. GA). Anspruchsgrundlage für die Gebühren ist § 611 Abs. 1 i.V.m. §§ 612 Abs. 1 und 2 sowie 675 BGB, wenn man davon ausgeht, dass jedenfalls auch der vorliegende Anwaltsvertrag mangels eines konkret in Auftrag gegebenen Werkes, als Dienstvertrag zu qualifizieren ist (h.M.). Auch gegen die Höhe der Gebührenansprüche ist nichts einzuwenden (§§ 31 Abs. 1 Nr. 1 und 4, 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 BRAGO). Es kann auch mit dem Landgericht davon ausgegangen werden, dass die Gebührenforderungen bei Einreichung der Klageschrift am 18. Dezember 1996 noch nicht verjährt waren. Denn das Mandatsverhältnis bestand, anders als bei den übrigen Arbeitnehmern, die noch vor Wahrnehmung des Sühnetermins beim Arbeitsgericht mit Schreiben vom 13. September 1993 dem Kläger ihr Mandat entzogen haben, mangels anderer Erledigungsereignisse im Sinne von § 16 BRAGO jedenfalls im Jahre 1993 noch fort.

Zwar kommt es, entgegen der Meinung des Klägers, für die Beendigung oder Erledigung einer Angelegenheit nicht darauf an, wann im Falle der Wahrnehmung eines Prozesses durch den Anwalt das Gericht den Gerichtskostenwert festgesetzt hat; auch löst dieser Zeitpunkt keine Unterbrechung der Verjährungsfrist aus (Riedl-Sußbauer-Frauenholz, BRAGO, 8. Aufl. 2000, Rdz. 18 zu § 16). Indes liegt eine Beendigung der Angelegenheit im Sinne von §§ 16, 13 BRAGO erst bei "Erfüllung" des Auftrages vor, von den übrigen Fälligkeitstatbeständen wie insbesondere der Kündigung durch jenes Schreiben vom 13. September 1993, abgesehen. Diese Erfüllung dürfte, da das Kündigungsschutzverfahren formal 1993 noch anhängig war, nach dem Sühnetermin nur nicht mehr weiter betrieben wurde, jedenfalls vor 1994 nicht eingetreten sein.

b)

Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts stehen dem Kläger gleichwohl keine Honoraransprüche gegen die Beklagte zu 1) bezüglich der oben namentlich genannten Gebührenschuldner zu, selbst wenn diese Ansprüche gemäß §§ 196 Abs. 1 Nr. 15, 198 Satz 1, 201 Satz 1 BGB noch nicht verjährt sind. Denn die Beklagte zu 1) hat hilfsweise gegen die Gebührenforderungen hier beschränkt auf die soweitige Streitsumme von 13.252,83 DM - mit Schriftsatz vom 5. Februar 1997 mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet (§§ 387, 389 BGB). Die Aufrechnung ist begründet.

aa)

Es ist anerkannt, dass Gebührenansprüche eines Rechtsanwaltes ganz oder teilweise entfallen können, wenn der Anwalt den Mandanten, wie nach den Umständen geboten, entweder nicht über die Höhe oder nicht über eine kostenschonendere Möglichkeit im vorliegenden Fall durch Erhebung einer sogenannten Sammelklage statt einer Vielzahl einzelner Kündigungsschutzklagen belehrt hat. Die Verletzung dieser vertraglichen Pflicht §§ 280, 286, 325, 326 BGB - PVV), die im Arbeitsgerichtsprozess bezüglich des Hinweises, dass Anwaltskosten erster Instanz selbst bei obsiegendem Urteil nicht vom unterliegenden Gegner zu erstatten sind, der Gesetzgeber in §§ 12 a Abs. 1 ArbGG sogar normiert hat, kann Schadensersatzansprüche auslösen, die der Mandant der Gebührennote aufrechnungsweise entgegenhalten kann (vgl. BGH NJW 1980, 2128, JurBüro 1980, 1809, OLG Koblenz, JurBüro 1986, 1662; Gerold/Schmidt, BRAGO, 14. Aufl., Rdz. 27, 28 zu § 52; Zöller-Herget, ZPO, 20. Aufl., Rdnr. 12 und 13 zu § 91 "Verkehrsanwalt", Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl. 1998, Rdz. I, 418 f., Seite 188; Borgmann-Haug, Die Haftung des Rechtsanwalts, 3. Aufl. 1995, Kapitel V Rdz. 2 f., 77 und 105 f., jeweils mit weiteren Nachweisen). Auch der Senat steht, unabhängig von einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Anwalt und Mandant, auf dem Standpunkt, dass einem Rechtsanwalt innerhalb des Dienstvertragsverhältnisses grundsätzlich nach Treu und Glauben die Pflicht erwächst, die Prozesskosten möglichst niedrig zu halten und zwischen mehreren zumutbaren und gleichsicheren Möglichkeiten die voraussichtlich billigere zu wählen (Beschluss des Baulandsenats des OLG Koblenz vom 1. Februar 2000, 1 W 25/2000 (Bauland) ).

Nach diesen Grundsätzen hätte es dem Kläger oblegen, bei den ursprünglich 68 Arbeitnehmern, welche ihn über den Beklagten zu 2) mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage bevollmächtigt hatten, aus Ersparnisgründen von Einzelklagen abzusehen und entsprechend dem im Arbeitsgerichtsprozess in vergleichbaren Fällen durchaus üblichen Weg einer Gemeinschaftsklage zu wählen. Das wäre vor allem deshalb geboten und sachgerecht gewesen, weil es zunächst für alle Arbeitnehmer einheitlich allein darum ging, dass mit der Klage die Anfechtungsfrist des § 4 Kündigungsschutzgesetz gewahrt bliebe.

bb)

Ohne Erfolg wendet der Kläger hiergegen ein, die 68 Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisse hätten sich erheblich voneinander unterschieden, z.B. durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Art der ausgeübten Tätigkeit, die Entlohnung u.a. Das mag sein, rechtfertigt aber jedenfalls bis zum Sühnetermin und gemessen an dem gleichgearteten vorrangigen Ziel aller Arbeitnehmer, erst einmal die Arbeitsverhältnisse aufrecht zu erhalten, keine Einzelklagen. Es trifft auch nicht zu, dass, wie der Kläger vorträgt, der Arbeitsrichter ihn mit Verfügung vom 16. August 1993 ausdrücklich zur Einreichung von Einzelklagen veranlasst habe. Denn diese Verfügung (Bl. 127 GA) nimmt lediglich die vom Kläger im Schriftsatz vom 12. August 1993 geäußerte Absicht auf, Einzelklagen erheben zu wollen, und fordert deshalb zur "Einreichung der angekündigten getrennten Schriftsätze" auf.

cc)

Die Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch greift auch im Übrigen durch. Der durch die positive Vertragsverletzung entstandene Schaden liegt in der Differenz zwischen den vom Kläger zu beanspruchenden und den tatsächlich von ihm verlangten Gebühren nach der BRAGO. Der Kläger verlangt über die vom Landgericht zuerkannten Honoraransprüche hinaus die Gesamtsumme von 30.219,39 DM nach einem - insoweit gemäß § 7 Abs. 2 BRAGO richtigen - Gegenstandswert von 349.291,23 DM (Zusammenrechnung der Einzelstreitwerte der 32 Arbeitnehmer). Ihm stand jedoch bei Erhebung einer Sammelklage (ausgehend von dem vorgenannten Streitwert und der Gebührentabelle vom 1. Januar 1987) für Prozessgebühr, Erörterungsgebühr, Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt nur ein aufgerundeter Betrag von 7.400,-- DM zu. Dieser Gebührenanspruch ist bei Weitem ausgeglichen durch die unbestritten erfolgten Zahlungen der Rechtsschutzversicherer der Arbeitnehmer Sch, Z, B N und J in Höhe von 11.857,32 DM (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 5. Februar 1997, Seite 8, Bl. 68 und Bl. 260 GA). Der Senat geht bei dieser Berechnung, abweichend von seinem Hinweis im Beschluss vom 21. März 2000, davon aus, dass für den angenommenen Fall einer Sammel-Kündigungsschutzklage eine Erhöhung der Prozessgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht in Betracht kommt, weil bei Fällen der objektiven und subjektiven Klagehäufung der Mehrarbeit des Rechtsanwaltes durch Streitwertaddition nach § 7 Abs. 2 BRAGO Rechnung getragen wird (OLG Koblenz, JurBüro 1994, 669).

c)

Gegen dieses Ergebnis dringt der Kläger auch nicht mit dem Einwand durch, seine Honorarforderungen habe die Beklagte zu 1) rechtswirksam in Form eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses nach § 781 BGB anerkannt. Denn diese in das Wissen der Zeugin gestellte Rechtsbehauptung (Bl. 94, 183 bis 185 GA) hat sich nicht bestätigt. Zwar hat die Zeugin in ihrer glaubhaften Aussage bekundet, sie habe bei einem mitgehörten Telefonat am 6. Oktober 1994 gehört, dass der Beklagte zu 2) erklärt habe, für die Fa. S sollten "alle Rechnungen betreffend die Arbeitnehmer, für die keine Rechtsschutzversicherung bestand," "der S zugeleitet werden", wobei bei diesem Telefonat angesprochen worden sei, dass "man sich über einen Nachlass auf den Saldo" nach Addition der Einzelbeträge "unterhalten solle". Von einem gesonderten Schuldanerkenntnis war dabei aber ebenso wenig die Rede wie in dem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 7. Oktober 1994 (Bl. 94 GA). Es ist allenfalls von einem Schuldbeitritt auszugehen.

Dringt der Kläger somit nach dem Beweisergebnis bezüglich seiner Honoraransprüche von insgesamt 30.219,39 DM auch nicht mit einem anderen Rechtsgrund durch, bleibt es bei den oben getroffenen Feststellungen bzgl. der Verjährung, soweit die Arbeitnehmer das Mandat im September 1993 aufgekündigt haben, und bzgl. des Erlöschens der gegen die übrigen Arbeitnehmer gerichteten, von der Beklagten zu 1) mit übernommenen Zahlungspflichten durch Aufrechnung.

2.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) auch keine Gebühr für die behauptete außergerichtliche Tätigkeit gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO i.V.m. § 611 BGB zu. Die insoweit, ausgehend von einem Gegenstandswert aller addierten Einzelstreitwerte von 349.291,23 DM verlangte 7,5/10 Besprechungsgebühr (+ Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) von 2.774,95 DM begründet der Kläger trotz aller Substantiierungseinwände schon sehr knapp mit dem bloßen Hinweis, er habe vor Erhebung der Kündigungsschutzklage im August 1993 mit dem Sequestor der Fa. St GmbH, Rechtsbeistand L, "verhandelt" (Beleg: Aktenvermerk über ein Telefonat vom 9. August 1993, Bl. 149 GA) und sich "mit der Industrie- und Handelskammer in Verbindung gesetzt" (Beleg: Antwortschreiben der IHK vom 20.8.1993, Bl. 150 GA). Geht man gleichwohl mit dem Landgericht und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, wonach der Kläger "mit der IHK Sondierungsgespräche betreffend das weitere berufliche Schicksal der Arbeitnehmer und Auszubildenden" (Bl. 287 GA) geführt haben will, davon aus, dass der Gebührentatbestand des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO für das Mitwirken bei mündlichen Verhandlungen und Besprechungen eingreift, scheitert der Gebührenanspruch gleichwohl an § 118 Abs. 2 BRAGO, weil der Kläger eine derartige Besprechungs- bzw. Ratgebühr sich auf die entsprechenden Gebühren für das anschließende Kündigungsschutzverfahren anrechnen lassen muss (Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl. 1999, Rdz. 89 zu § 118 m.w.N.).

Selbst wenn man dies nicht annehmen wollte, weil die vom Kläger mit dem Sequester und der IHK geführten Vorgespräche im August 1993 (auch) anderen Zielen gedient haben könnten, als sie Gegenstand der Kündigungsschutzklage waren, scheitert der Anspruch aber auch an der Verjährungseinrede. Ebenso wie bei einer (gebührenpflichtigen) Beratung wird die Besprechungsgebühr mit dem Abschluss dieser Besprechungen oder Verhandlungen fällig (Riedl/Sußbauer/Frauenholz, a.a.O., Rdz. 8 zu 16 m.w.N.). Nach dem Vortrag des Klägers haben die Sondierungsgespräche im August 1993 zum Zwecke der Klärung der künftigen Berufstätigkeit der Arbeitnehmer stattgefunden. Diese Fragen hatten sich, wenn nicht durch die Klageerhebung, so doch spätestens durch die Gründung der Beklagten zu 1) als Auffanggesellschaft mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 21. September 1993 erledigt. Etwa entstandene Gebührenansprüche sind also auch insoweit mit Ablauf des 31. Dezember 1995 verjährt.

3.

Zutreffend hat das Landgericht schließlich auch einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Beratungsgebühr nach § 20 Abs. 1 S. 1 BRAGO gegen den Beklagten zu 2) verneint. Denn auch dieser gegen den Beklagten zu 2) in seiner damaligen zur Beratungszeit bestehenden Eigenschaft als Mitgründer der Auffanggesellschaft gerichtete Anspruch in Höhe von 9.834,57 DM ist, ungeachtet seiner Entstehung, auf jeden Fall ebenfalls verjährt.

Zwar ist die Verjährung nicht (wie im angefochtenen Urteil möglicherweise durch einen Schreibfehler - erklärt) am 23. Dezember 1995 eingetreten, sondern mit Ablauf des Jahres 1995, also am 31. Dezember 1995 (§§ 196 Abs. 1 Nr. 15, 198, 201 BGB), weil das Ziel der Beratung, die Gründung einer Auffanggesellschaft der in Konkurs gegangenen Gemeinschuldnerin, bereits mit dem 21. September 1993, dem Tag der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages durch ehemalige Mitarbeiter der Firma St, erledigt war (§ 16 BRAGO). Der Kläger kann diesem Verjährungseintritt auch nicht dadurch begegnen, dass er sich bezüglich des Gründungsaktes der Beklagten zu 1) auf Unkenntnis beruft. Es kann zwar sein, dass weder der Beklagte zu 2) noch die anderen vom Kläger beratenen Personen Z, H, Sch und H ihn von sich aus über das Ergebnis der Beratungen, insbesondere der Besprechung vom 16. August 1993, unterrichtet haben, so dass der Kläger erst "durch Zufall" 1994 von der Gesellschaftsgründung Kenntnis erhalten hat (Bl. 157, 283, 310 GA). Das enthob ihn aber nicht der Verpflichtung, schon in seinem eigenen Gebühreninteresse, spätestens nach Erhebung oder Erledigung der Kündigungsschutzklagen, an denen die vorgenannten Mitgründer als bisherige Arbeitnehmer ja auch beteiligt waren, eigene Erkundigungen anzustellen, was aus der St GmbH bzw. dem Plan einer Auffanggesellschaft geworden war. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich dem Kläger dazu in der Zeit von September bis Dezember 1993 genügend Möglichkeiten und Ansprechpartner, etwa auch der Konkursverwalter Rechtsbeistand L angeboten hätten.

III.

Der Klage muss nach alledem auch in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang der Erfolg versagt bleiben. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) ist daher unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Den Streitwert für das Berufungsverfahren setzt der Senat auf 42.828,91 DM fest (Berufung des Klägers 27.862,33 DM, Berufung der Beklagten zu 1) 14.966,58 DM). Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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